Nach der europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) soll es nun auch ein EU-einheitliches Urheberschutzgesetz geben. So hat das EU-Parlament entschieden. Grundsätzlich will die EU mit dem neuen Leistungsschutzgesetz die Rechte der Urheber im Internet stärken. Grundsätzlich eine gute Idee. Tritt dieses Gesetz aber tatsächlich so in Kraft, wie im September 2018 beschlossen, wird es viele Verlierer und nur wenige (vor allem finanzstarke) Gewinner geben.
Was beinhaltet das Leistungsschutzrecht?
Das EU-Parlament will das Urheberrecht reformieren. Zukünftig soll es zum Beispiel verpflichtend Upload-Filter für große Internet-Plattformen (Artikel 13) geben und einem EU-weiten Leistungsschutzrecht. Im Kern geht es darum, dass Videoplattformen wie YouTube für Inhalte verantwortlich sind, die von Nutzern hochgeladen werden. Um sich vor Strafen zu schützen müssten Portale wie YouTube Upload-Filter einführen, um zu verhindern, dass Inhalte hochgeladen werden, für die die Nutzer nicht das Urheberrecht haben.
Das Leistungsschutzrecht soll die Rechte von Verlegern und Publishern gegenüber Suchmaschinen und kommerziellen Anbietern stärken und kontrollieren, welche Inhalte die Suchmaschine in Zukunft im Netz teilt, zitiert und verbreitet (Artikel 11). Je nach dem, sollen Suchmaschinen dann Gebühren für Texte in Links an die Urheber bezahlen. Klingt erstmal gut, hat aber durchaus auch seine Schattenseiten. Tatsächlich treffen die Auswirkungen des EU-Gesetzes wohl eher die kleinen Unternehmen und jungen Startups, weniger Google und Co.
Welche Auswirkungen wird dieses Gesetz haben?
Wird diese Art von „Linksteuer“ Google in seine Schranken verweisen? Wohl kaum. Wenn z.B. Google (oder ein anderer Aggregator) gezwungen wird mit europäischen Publishern zu verhandeln, ob sie kurze Ausschnitte in ihren Suchergebnissen (gratis oder gegen eine Gebühr) veröffentlichen darf, werden viele Verleger, Publisher, Journalisten, Blogger, Unternehmer und Dienstleister in den Suchergebnissen verschwinden. Der Aufwand ist Google zu groß. Nur große Medienhäuser oder Unternehmen, mit dem richtigen Budget, können es sich dann noch leisten, bei Google gelistet zu werden.
Wie werden Google und Co. reagieren?
Seit einigen Jahren gibt es bereits in Deutschland und Spanien ein ähnliches Gesetz, indem die Texte in Links dem Urhebergesetz unterliegen und somit gebührenpflichtig sind. In Deutschland setzte sich das Gesetz jedoch nicht wirklich durch. Denn statt zu Zahlungen, kam es zu vielen Gerichtsverfahren. Letztlich gaben die meisten klagenden Verleger Snippets gratis heraus. In Spanien dagegen stellte Google 2014 seinen Google-News-Dienst ein. Den Aufwand, Titel und Teaser sich genehmigen zu lassen, war Google zu groß. Googles Vice President für News, Richard Gingras, bittet die EU daher nochmal das Gesetz zu überarbeiten.
IT-Experten wie Bitkom, Creative Commons, Urheberrecht für Wissenschaft e.V., der Deutsche Bibliotheksverband und Co. sind ebenso gegen das neue EU-Gesetz. Sie schreiben in einem gemeinsamen Brief: „Solche Leistungsschutzrechte sind ein Risiko für Innovation, Grundfreiheiten, freie Kommunikation und den Wirtschafts- und Investitionsstandort Europa.“
Denn Fakt ist: Den meisten Traffic erhalten Internetseiten (egal ob Newsportal, Online-Shop, Blog oder Infoportal) nicht über organische Eingabe einer Internetdomain, sondern über Suchergebnisse. Taucht ein Unternehmen plötzlich nicht mehr in den Suchergebnissen auf, wird der Traffic auf den entsprechenden Seiten deutlich zurückgehen.
Ein Appell an die EU-Abgeordneten
Kurzum um: Ja, liebe EU-Abgeordnete, die Texte in den Links sind geistiges Eigentum. Aber die Links sind eher wie Zitate in wissenschaftlichen Arbeiten zu betrachten. Sie verweisen auf den Urheber und führen auch direkt dort hin. Doch Links jetzt mit einer Gebühr zu belegen, schadet dem Ökosystem Internet. Die Vielfalt, (Kommunikations-)Freiheit und Wirtschaftlichkeit des Internets wird eingeschränkt oder sogar zerstört. Nun machen auch bereits große Unternehmen und Google selbst gegen diese Reform mobil. Wir würden uns wünschen, dass dieses Gesetz nochmals überarbeitet und überdacht wird.
Googles Vice President für News, Richard Gingras, spricht sich im Namen des Unternehmens im Blogpost für eine Änderung von Artikel 11 aus.
Die EU will das Internet neuregeln und reformiert dafür das Urheberrecht. Die Auswirkungen des neuen Leistungsschutzrechtes werden aber eher kleine Unternehmen und Startups spüren.
M.A. Kerstin Steinert ist freie Journalistin, Editorin und Content Managerin. Sie lebt und arbeitet in Deutschland und Österreich und beschäftigt sich schon seit Jahren mit den (Un)tiefen des Internets.